[Rezension] Robin Jarvis - Dancing Jax: Zwischenspiel

Inhalt:
England ist ganz im Bann der "Dancing Jax". Jeder huldigt dem Ismus. Bis auf ein paar Abtrünnlinge, auf die das Buch keinerlei Wirkung zeigt. Um auch sie gefügig zu machen, lädt der Ismus zwanzig Kinder und Jugendliche auf ein Camping-Wochenende ein. Natürlich verfolgt der Ismus ganz andere Pläne... 

Meine Meinung:
Dieses Buch kam, holte weit aus und streckte mich nieder. Anders kann ich es nicht beschreiben. 

"Dancing Jax" von Robin Jarvis soll bzw. muss man der Reihe nach lesen. Bitte nicht mit Band zwei anfangen. Klar, es geht. Aber man verliert zu viel. Der ganze durchdachte Aufbau der Geschichte, die steigende Spannung, der Höhepunkt, die Explosion. Man kann nicht einfach in der Mitte anfangen und begreifen, worum es geht. 

Schon "Auftakt", Band eins, fand ich grossartig. Genial. Und was hab ich mich gegruselt. Mit jeder Seite nahm die Gänsehaut zu und es schauderte mich immer mehr und mehr. Doch jetzt, im zweiten Teil, hat Jarvis alle Fehler des ersten Teiles ausgemerzt. Keine Längen mehr - jede Szene passt und hat ihren Sinn. Keine Überflutung mit Namen, sondern eine Auswahl und dabei bleibt es. 

"Zwischenspiel" hat bei mir eingeschlagen wie eine Bombe. 
Und eine ähnliche Verwüstung hinterlassen. 

Die ersten Kapitel zeigen uns, worauf wir uns gefasst machen müssen. Doch schon bald wird es etwas harmlos. Die Kinder werden ins Camp gebracht und wir haben ein Wochenende Zeit, sie kennenzulernen. Da ist die Veganerin Jody, die kleine Christina. Der Macho Marcus, der Schotte Alasdair, der rebellische Lee. Charm, die sich nichts sehnlicher wünscht, als berühmt zu werden, und die dicke Maggie, die für alles den passenden Spruch bereit hat. Jim, Spencer, Esther... 

Wir sind dabei, wenn sie sich anfreunden, sich streiten, sich näher kommen. Jarvis setzt sein Können dabei so gekonnt ein, dass wir bald nicht nur zuschauen, sondern direkt dabei sind. Wir hören Alasdair beim Gitarre spielen zu, lachen über Maggies Witze und fragen uns, welchen Geschmack Charm uns wohl zuordnen würde. Wir schliessen die Figuren ins Herz, gewinnen sie lieb, finden Freunde. 

Und dann ist das schöne Wochenende vorbei und der Schrecken nimmt seinen Anfang. 

Die Kinder werden eingesperrt und müssen von nun an schuften. Als Abtrünnlinge sind sie nichts mehr als Spielbälle der perversen Gefängniswärter. Ausserdem hat sich der Ismus in einem der Kinder eingenistet und säht Zwietracht, Lügen und Hass.  

Als Leser rätselt man bis zum Schluss, wo der Ismus nun steckt. Jarvis gibt immer wieder Hinweise. Könnte es dieser Junge sein? Oder der hier? Vielleicht sie hier? Ich habe stundenlang nachgedacht, immer wieder jemand anderen verdächtigt. Aber ich kam nicht drauf. Und das, obwohl ich in den meisten Krimis den Täter ermitteln kann. 

Dazu kommt die ständige Gefahr, der die Kinder ausgesetzt sind. Ständig rechnet man mit dem Schlimmsten, mit der Katastrophe. Katastrophen gibt es. Gleich mehrere. Nur weiss man auch als Leser nicht wirklich, wann sie geschehen, und dann trifft es einen völlig unvorbereitet. 

Aber es ist nicht einfach nur eine fiktionale Figur, die da stirbt. Diese Kinder sind zu Freunden geworden. Wie oft musste ich mit den Tränen kämpfen? Obwohl ich diesbezüglich nicht nahe am Wasser gebaut bin. Nur die Mitfahrer im Zug hielten mich davon ab, in Tränen auszubrechen. Dafür hätte ich sie manchmal am liebsten erwürgt. Wie kann man so fröhlich über das Wetter und Mitschüler plaudern, während man selber gerade um die Figur trauert, die man von allen am liebsten mochte? Die zum ständigen Begleiter wurde, zum besten Freund, der besten Freundin? 

Dieses Buch nahm mich mit wie keines je zuvor. Ich träumte sogar davon. Natürlich wollte ich wissen, wie es weitergeht, dennoch traute ich mich oft gar nicht, weiterzulesen. Fast schon Angst hatte ich vor dem, was auf mich zukam. Jarvis ist so abseits jeglicher Stereotypen, dass man ihn einfach nicht einschätzen kann. Praktisch nichts konnte ich vorhersehen. Und ich habe doch schon einige Bücher gelesen und bereits ziemlich viel Erfahrung. 

Klingt das für euch negativ? Ganz im Gegenteil! Wenn ein Buch es schafft, sich so sehr in mein Leben, meine Gedanken, meinen Alltag zu drängen, dann ist es gut. Dann ist es sehr gut. Wahnsinnig, abartig gut. Es ist düster, brutal, ungehalten, geht ans Herz und an die Nieren, es ist lustig, heiter und romantisch. 

Ich habe gelacht, ich habe geweint, ich habe gelitten und geliebt und verloren.
Aber es gibt Hoffnung! Denn was die Kinder im Camp nicht wissen: Unter ihnen befindet sich der Castle Creeper. Er ist der Einzige, der den Ismus vom Thron stossen kann...! 

Fazit:
Ich könnte wohl noch weiterhin über "Zwischenspiel" schwärmen, aber ich belasse es bei dem, was ich oben geschrieben habe. Es ist ein Buch wie kein zweites! Ein krasse Steigerung zu Band eins, obwohl der schon gut war. Nichts für schwache Nerven oder zu junge Leser. Perfekt für mich, die ich aussergewöhnliche Bücher liebe und Qualität daran messe, wie sehr mich ein Buch mitreisst.
Dieses hier hat mich nicht mitgerissen. Es hat mich umgehauen und ist auf mir Trampolin gesprungen. Mit Salto. 

Kleine Anmerkung am Rande: Die deutschen Cover gefallen mir um einiges besser als die Originale. 

Robin Jarvis
Dancing Jax
Zwischenspielt
Broschiert, 1. Auflage 2013
Scrip5
978-3-8390-0135-6
Aus dem Englischen von Nadine Mannchen
 Originalausgabe: Dancing Jax - Freax and Rejex

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