[Rezension] Amélie Nothomb - Biographie des Hungers

Rückentext:
Kindheit und Jugend einer ewig hungrigen Diplomatentochter. Die äusseren Stationen: Japan, China, USA, Bangladesch, Burma und Belgien. Die inneren Stationen: Hunger nach Liebe, Hunger nach Leere und endlich Hunger nach Leben.

Es gibt diese Bücher, die einen direkt in die Seele treffen, die genau das ausdrücken, was in einem selbst vor sich geht. Zuletzt war Hesse's Steppenwolf so ein Buch für mich. Und nun auch Amélie Nothombs "Biographie des Hungers".

Das Buch beginnt unschuldig mit einer Insel, auf der man den Hunger nicht kennt. Und dann beginnt die Erzählerin/die Autorin von sich zu berichten. Wer bereits Bücher von Nothomb gelesen hat, erkennt viele Stationen und Figuren wieder, auch dieses Buch ist stark autobiographisch. Wenn es das nicht sogar ganz und gar ist.

Dieser kurze Text zeigt wieder einmal Nothombs Stärke, eindrückliche Bilder zu schaffen, Tiefe herzustellen und das mit ganz wenigen Worten. Es knistert auf den Seiten, während wir immer weiter in die Psyche dieses Mädchens herabsteigen. Was die Autorin hier von sich preisgibt erzählt man normalerweise höchstens einer Vertrauensperson. Das hier ist eine Offenbarung, wir halten ein Herz und eine Seele in der Hand. Und so lässt uns das Buch nicht mehr aus seinen Fängen.

Apokalypse ist das Gegenteil von Langeweile.
Seite 63
Bei mir fuhr "Biographie des Hungers" ein wie ein Blitz. Hart, deftig, teilweise schmerzhaft, aber gleichzeitig fühlt man sich so lebendig wie nie. Jeder hungert nach etwas. Manche nach Geld oder Ruhm, viele (wie Nothomb auch) nach Liebe. Wonach hungere ich? Wie kann ich meinen Hunger stillen?

Alles, was mir im letzten Werk Nothombs gefehlt hat (Eine heitere Wehmut), kommt hier wieder zum Zug. "Biographie des Hungers" ist intensiver, extatischer als obig erwähntes Werk, aber beide gehören ausnahmslos zusammen. Wobei ich empfehlen würde, zuerst dieses Buch zu lesen und danach die Wehmut. Man könnte es als Fortsetzung betrachten und vielleicht hätte ich die Bücher in der richtigen Reihenfolge lesen sollen.

Aber das ist jetzt belanglos, denn meine Liebe zu Amélie Nothomb ist ein weiteres Mal entfacht, ebenso mein Hunger nach ihren Büchern. Jedoch weiss ich auch, dass man sich mit zu viel Nothomb aufs Mal den Bauch verdirbt. Deshalb geniesse ich ihre Bücher immer in gewissen Abständen, erst dann entwickelt sich ihr einzigartiges Aroma.

Amélie Nothomb
Amélie Nothomb
Biographie des Hungers
TB, 2009
Diogenes

978-3-257-24042-9

Aus dem Französischen von Brigitte Grosse
Originalausgabe: Biographie de la faim
Albin Michel, Paris 2004

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