[Rezension] Charles Dickens - Grosse Erwartungen

Rückentext:
Charles Dickens schönster und reifster Roman liegt nun in brillanter Neuübersetzung vor. Der Waisenjunge Pip erlernt das Handwerk des Schmieds, dann stiftet ihm ein unbekannter Wohltäter ein Vermögen, damit er sich in London zum Gentleman ausbilden kann. Es geht um Kindheit und Erwachsenwerden, um Arm und Reich, um Klug und Dumm, um Gut und Böse. Melanie Walz hat in ihrer Neuübersetzung den unverwechselbaren, leicht ironischen Ton Dickens' perfekt getroffen. Im Nachwort erklärt sie die Entstehungsgeschichte des Buches.

Meine Meinung:
Wer kennt dieses enorme Werk der Weltliteratur nicht: „Grosse Erwartungen“ von keinem Geringeren als Charles Dickens. In wie vielen Büchern bin ich schon über diesen Titel gestolpert? Tatsächlich habe ich sogar Lloyd Jones' Buch „Mister Pip“ im Regal stehen. Ohne das berühmte Original gelesen zu haben.

Überhaupt - Schande über mich, dass ich mich so lange vor diesem Meisterwerk, diesem Geniestreich gedrückt habe. Denn dafür gab es überhaupt keinen Grund! Der Titel des Buches mag gross und schwer daherkommen, doch sollte man sich keineswegs davor fürchten. Eigentlich ist "Grosse Erwartungen" ganz zahm und sehr liebesbedürftig.

Mister Pip erzählt uns seine Geschichte höchstselbst und dies mit einer angemessenen Portion Humor. Dadurch bekommt vor allem seine brutale Kindheit einen nostalgischen Wert, ohne jedoch zu verheimlichen, wie drastisch Pips Leben damals war.

Und dann geschehen Dinge... Stellt euch vor, alles, wovon ihr geträumt habt, wird plötzlich wahr. Genau das passiert Pip. Sein Leben ändert sich schlagartig. Welche Veränderungen bringt plötzlicher Reichtum mit sich? Ändert sich durch Geld auch der Mensch? Diesen Fragen geht Dickens gekonnt auf den Grund und führt dabei ein spitzfindiges Gespür für psychologische Vorgänge zutage. Es war für mich atemberaubend, Pip auf seinem Weg zu folgen, seinen Gedanken zu lauschen und dabei auch noch seinen spannenden Erlebnissen beizuwohnen.

Deshalb hat "Grosse Erwartungen" für mich alles, was ein Roman von Weltrang braucht: Glaubhafte Figuren, skurrile Charaktere, Humor, Spannung und Tiefgang. Dickens schafft es, eine unergründlich tiefgründige Geschichte so gekonnt und voller Schwung zu erzählen, dass mir an keiner Stelle langweilig war.

Dabei habe ich mich ganz und gar in Dickens Sprache verlieren können. Sein Erzählstil ist dem Ruf würdig, den Charles Dickens bis heute hat. Fein ziseliert, jedes Wort ist am richtigen Fleck, und doch vor allem in der Übersetzung von Melanie Walz ohne Mühe lesbar. Hier wird das Erzählen tatsächlich zur Kunstform erhoben.

Welch für mich absolut perfektes Werk! Welch kleines Wunder in Buchform! Definitiv eines jener Bücher, die ich auf eine einsame Insel mitnehmen würde oder für die Nachwelt aufbewahren würde.



Charles Dickens
Grosse Erwartungen
HC, 2011
Hanser

978-3-446-23760-5

Aus dem Englischen von Melanie Walz
Originalausgabe: Great Expectations
Chapman & Hall, London 1861

Kommentare

  1. Eine weitere Motivation für mich, endlich mal weitere Dickens-Bücher zu lesen ;). Kenne bisher nur "Oliver Twist", aber das fand ich so toll, dass ich eigentlich mal noch andere Bücher von ihm lesen wollte.

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    1. Ich fand "Oliver Twist" dagegen eher mässig :D Aber Dickens ist es immer wieder wert, gelesen zu werden. Irgendwann werde ich auch Oliver noch einmal durchackern - und Mister Pip lege ich dir sehr ans Herz :)

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