[Rezension] W.G. Sebald - Die Ringe des Saturn

Rückentext:
Im August, dem Monat, der von alters her unter dem Einfluss des Saturn steht, wandert W. G. Sebald durch die einsame Heidelandschaft der englischen Grafschaft Suffolk, besichtigt verfallene Landschlösser, spricht mit alten Gutsbesitzern und stößt immer wieder auf die Spuren wundersamer Geschichten. So erzählt er von den Glanzzeiten viktorianischer Schlösser, berichtet aus dem Leben Joseph Conrads, erinnert an die unglaubliche Liebe des Vicomte de Chateaubriand oder spürt dem europäischen Seidenhandel bis China nach. Mit klarer und präziser Sprache protokolliert er jedoch auch die stillen Katastrophen, die sich mit dem gewaltsamen Eingriff der Menschen in diesen abgelegenen Landstrich vollzogen. So verwandelt sich der Fußmarsch letztlich in einen Gang durch eine Verfallsgeschichte von Kultur und Natur.

Meine Meinung:
Aufmerksam gemacht wurde ich auf W.G. Sebald durch die "Zeitschrift für interkulturelle Germanistik", in der es einen Artikel über den deutschen Schriftsteller gab. Neugierig gemacht holte ich mir eines seiner berühmtesten Werke aus der Bibliothek: Die Ringe des Saturn.

Ein Mann, der spazieren geht. Klingt langweilig, ist es aber nicht. Tatsächlich fühlt es sich während des Lesens so an, als würden wir neben Sebald hergehen, uns die englische Landschaft anschauen und über Gott und die Welt diskutieren.

Denn genau das tut der Autor. Seine Beobachtungen bringen ihn auf immer neue Ideen, Zusammenhänge und Gedanken. Wir machen unterschiedliche Zeitreisen, lernen fremde Kulturen kennen und reisen einmal um die Welt, während wir durch das idyllische Suffolk flanieren. Gebannt lauscht der Leser den Erzählungen Sebalds, die mit ausserordentlich vielen Informationen aufwartet, teilweise biographisch angehaucht ist und manchmal auch ein paar Fantasiegebilde hervorbringt.

Ausgestattet ist das Buch sogar mit einigen Fotografien, die das Geschilderte darstellen. Damit hätte ich nicht gerechnet, aber es ist eine angenehme Überraschung. Da man sich so die Details, die Sebald erwähnt, besser vorstellen kann. Leider sind die Bilder bloss schwarz-weiss, sodass einige Kleinigkeiten in Tinte verschwinden.

Schriftstellerisch bewegt sich Sebald auf einem hohen, ausgereiften Niveau, jedoch ohne intellektuelle Hochnäsigkeit. Er drückt sich gewählt aus, verwendet auch viele Sach- und Fachwörter, sodass ich einige Ausdrücke nachschlagen konnte. Doch trotzdem wirkt diese Sprache passend, als ob sich der Autor auch persönlich im Alltag ihrer bedienen würde. Dies macht mir Sebald sehr symapthisch und es steht nicht ausser Frage, dass ich wieder zu einem Buch dieses Schriftstellers greifen werde.


W.G. Sebald
Die Ringe des Saturn
Eine englische Wallfahrt
HC mit Schutzumschlag, 1995
Eichborn

3-8218-4448-5

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